Ehrenamt vs. Fachgremien
Strategieentwicklung durch Laiengremien
Die Stiftung Altersheim Mondschein hat sich entschieden, mit einem systematischen Strategieprozess die Ausrichtung des Heims zu überprüfen und eine langfristige Strategie festzulegen. Die ehrenamtlich agierenden Mitglieder des Stiftungsrates werden eingeladen, im Rahmen von sechs halbtägigen Workshops die strategischen Eckpfeiler des Altersheims zu erarbeiten. Der Heimleiter wird als ergänzendes Mitglied des Strategieteams festgelegt.
Bereits bei der Einladung zum ersten Workshop werden vereinzelte Stimmen laut, dass lediglich an den Workshops teilgenommen werden könne, da nur für diese Sitzungsgelder gezahlt würden. Zudem sei eine persönliche Vorbereitung im Hinblick auf die Strategieworkshops aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit und der eigenen beruflichen Belastung nicht möglich. Im ersten Workshop zeigte sich, dass lediglich die Hälfte der Teilnehmenden einen Input im Rahmen des geforderten Vorbereitungsauftrages eingereicht hat. Diese Situation wiederholte sich auch bei den darauf folgenden Workshops. Die Stiftungsratspräsidentin, die den Strategieprozess initiiert hat, ist aus ihrer Sicht nicht in der Lage, die fehlende Einsatzbereitschaft der Mitglieder zu thematisieren. Darauf angesprochen kontert sie mit den Worten: «Als Präsidentin bin ich froh, überhaupt fünf freiwillige Mitglieder gefunden zu haben. Ich kann und will diese deshalb nicht zurechtweisen». Auch in der inhaltlichen Entscheidungsfindung zeigen sich verschiedene Stolpersteine. In den Diskussionen zur aktuellen Lage des Altersheimes wie auch zu möglichen Entwicklungen in der Alterspflege äussern sich drei der fünf Mitglieder des Stiftungsrates dahingehen, dass sie als Metzgermeister, Treuhänder und Heizungsinstallateur keine fachlichen Inputs einbringen können. Es solle doch der Heimleiter entscheiden, was das Beste für sein Heim sei.
Was sind die Ursachen? Die geschilderten Schwierigkeiten in der Strategiearbeit des ehrenamtlich besetzten Stiftungsrats lassen sich auf folgende Ursachen zurückführen:
- Die Mitglieder des Stiftungsrats werden für ihre Arbeit nur bedingt entschädigt.
- Sie sind nur in seltenen Fällen der Heimleiterin oder dem Heimleiter fachlich ebenbürtig, aber verpflichtet, das Altersheim strategisch zu steuern.
- Die Mitglieder haben alle ihre eigenen Beweggründe, die in den seltensten Fällen offen diskutiert werden. Sind die Mitglieder nicht monetär motiviert, ist besondere Vorsicht geboten. Wenn das (einzige) massgebliche Kriterium für die Mitgliedschaft im Stiftungsrat die persönliche Betroffenheit ist, besteht die Gefahr, dass keine objektive Diskussion stattfinden kann.
Eine Strategieentwicklung durch ein ehrenamtliches Laiengremium ist immer geprägt von knappen Zeitressourcen, fehlendem Fachwissen und vielfach auch fehlender Einsicht, wieso überhaupt eine Strategie entwickelt werden soll. Deshalb ist es wichtig, sich im Rahmen der Entwicklung einigen Grundsätzen bewusst zu sein.
- Laien «führen und überwachen» Profis: Stehen Sie als Laiengremium offen dazu, dass sie ein Laiengremium sind und fachlich nicht immer «mithalten» können. Ziehen Sie als Gremium bei heiklen Sachverhalten externe Fachpersonen bei.
- Nicht alles selber machen: Delegieren Sie als Stiftungsrat möglichst viele vorbereitende Aufgaben wie Analysen, Datensammlungen etc. an die operative Führung.
- Gute Organisation hilft Zeit zu sparen: Legen Sie als Präsidentin oder Präsident des Stiftungsrats die Sitzungstermine genügend früh fest. Senden Sie Vorbereitungsaufträge mit genügendem Vorlauf und klaren Instruktionen. Arbeiten Sie mit einer detaillierten Traktandenliste und versuchen Sie, die Termine auch einzuhalten.
- Konzentrieren auf die Kernaufgaben: Die Kernaufgabe des Stiftungsrats ist eine Strategie zu erarbeiten und nicht zu diskutieren, welche operativen Massnahmen umgesetzt werden können. Die operative Leitung und entsprechend auch die Festlegung der detaillierten Massnahmen ist Aufgabe der Heimleitung.
Marcel Schöni
Betriebsökonom FH