Soziale Qualität und Dimensionen

Nutzen von systematischem Qualitätsmanagement

Qualität, ein Schimpfwort?
Alle in der sozialen Arbeit Tätigen wollen gute personenbezogene Dienstleistungen anbieten. Aber bei der Frage, wie diese beschaffen sein soll und wie diese gewährleistet werden kann, gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Steigende Ausgaben im Sozialwesen und geringere öffentliche wie auch private Mittel führen zu drei zentralen Fragen.

  1. Wie viel Soziale Arbeit brauchen wir?
  2. Welche Art der Sozialen Arbeit wollen wir?
  3. Was bewirkt Soziale Arbeit?

Die Frage nach der Qualität der Sozialen Arbeit wird von Professionellen häufig verwechselt mit Überlegungen wie «die wollen doch nur sparen». Sicherlich ist im Qualitätsmanagement in den letzten zehn Jahren nicht alles optimal verlaufen. Die Qualitätsfrage wurde vielfach als Mittel «missbraucht», um betriebswirtschaftliche Optimierungen durchzusetzen. Zahlreiche Soziale Institutionen haben sich zudem bei der Aus­einandersetzung mit Qualitätsfragen im Detail verloren und das Qualitätsmanagement zu einem «Papiertiger» verkommen lassen.

Die Frage, die Sie sich stellen müssen, ist deshalb: «Bringt der Einsatz von Qualitätsmanagement eine bessere Lebensbewältigung für die Klientinnen und Klienten und/oder wird die professionelle Handlungspraxis verbessert?».

Soziale Qualität?
Das Qualitätsverständnis in Sozialen Institutionen unterscheidet sich in der Regel nicht von den Vorstellungen von Dienstleistungsunternehmen. Professionelle und Klientinnen und Klienten arbeiten prozessorientiert in einer Art Koproduk­tion. Der Kernprozess der Sozialen Arbeit liegt in der Problemdefinition und Festlegung von Zielen, die Bearbeitung der Problemstellung und einer laufenden Evaluation. Alle diese Aktivitäten werden als personenbezogene soziale Dienstleistung bezeichnet. Qualitätsmanagement umfasst dabei nicht nur die Klientinnen und Klienten bzw. «den Fall», sondern auch die Institution selber sowie Sozialpolitik und Gesellschaft.

Wie gelangen Sie nun zu einem für Ihre Institu­tionen nutzenstiftenden Qualitätsmanagement?

  1. Definieren Sie Qualität für Ihre Institution.
  2. Setzen Sie Massnahmen um und versuchen Sie, Ihren Qualitätsstandard zu erreichen oder gar zu übertreffen.
  3. Überprüfen Sie regelmässig die Umsetzung und Wirkung Ihrer Massnahmen.


Definition der Qualität
In Sozialen Institutionen wird vielfach die Sicht der Kundinnen und Kunden bzw. der Klientinnen und Klienten als Basis für die Definition der Qualität verwendet. Diese umfasst Branchen­standards wie bspw. Quality4Children oder QuaTheDA. Häufig wird Qualität auch definiert als gleichbleibende, durch die Kundin oder den Kunden definierte, Merkmalausprägung der Dienstleistung.

Wenn Sie eine Qualitätsdefinition für Ihre Institution aus der Literatur oder von Modellen und Standards entnehmen, entbindet Sie dies nicht von der Notwendigkeit für Ihre eigene Institution zu definieren, was Qualität konkret bedeutet. Auch sind Qualitätsdefinitionen wie «the sky ist the limit» unbedingt zu vermeiden, da sie für die operative Umsetzung alles andere als hilfreich sind.

Beachten Sie, dass im Begriff Qualitätsmanagement explizit auch auf die Verantwortung Ihrer Institutionsführung – des Managements – hingewiesen wird. Die Wahl des Modells, Systems oder Standards ist somit nicht entscheidend, sondern die Konsequenz der Umsetzung durch die Führungskräfte.

Dimensionen der Dienstleistungsqualität
Unbestritten ist, dass die personenbezogenen Dienstleistungen von Sozialen Institutionen primär auf Grund

  • der durch Neukunden oder Klienten vermuteten Qualität (Vertrauen) oder
  • bei bestehenden Kunden früher erfahrenen Leistungskompetenz (Erfahrung) nachgefragt werden.

Neukunden oder Klienten können die Leistungskompetenz einer Institution nur schwierig beurteilen.

Diese Erkenntnis führt zur Feststellung, dass die weiteren Dimensionen der Dienstleistungsqualität (vgl. Abbildung), das Einfühlungsvermögen, die Zuverlässigkeit, die Reaktions­fähigkeit und die Annehmlichkeit des Orts der Dienstleistungserstellung, für die Wahrnehmung der Qualität von hoher Bedeutung sind. Diese vier Dimensionen sind, im Gegensatz zur Leistungskompetenz, bereits vor der eigentlichen Zusammenarbeit erfahr- und erlebbar. Anhand dieser Erfahrungen ziehen die potenziellen Neukunden und Klienten Rückschlüsse auf die Leistungskompetenz Ihrer Institution. Sie gewinnen deshalb nur Neukunden, wenn Sie sich nicht einseitig auf die Entwicklung der Leistungskompetenz konzentrieren, sondern die anderen vier Dimensionen ebenso konsequent steuern und aufeinander abstimmen.

Marcel Schöni
Betriebsökonom FH